Der Wasserhahn verweigert seinen Dienst. Wasser muss man vom Wasserwagen holen – pro Einwohner gibt es 25 Liter Wasser am Tag als Minimum zur Aufrechterhaltung von Hygiene und Gesundheit.
Was wie in einem Science Fiction Roman klingt, könnte in der Millionenstadt Kapstadt (Südafrika) ab Mai 2018 Realität werden. Eine seit drei Jahren anhaltende Dürre sucht derzeit die Region rund um Kapstadt heim. Der Theewaterskloof Dam bei Villiersdorp – etwa 80 Kilometer östlich von Kapstadt – ist der größte Wasserspeicher der Millionenstadt am Westkap. Und er ist fast leer. Wenig Regen aufgrund des Klimawandels ist eine Ursache für die Wasserknappheit. Wie die Einwohner Kapstadts mit dem Wasser umgehen, ist ein anderer Grund. Das Problem ist nicht neu und deshalb werfen Kritiker auch der Stadtregierung vor, zu langsam reagiert zu haben. Bereits 2016 waren die Wasservorräte Kapstadts noch zu 57% gefüllt. In 2017 reduzierte sich der Vorrat auf 48%. Anfang Januar 2018 sind es nur noch 33%. Würde der "Tag Null" - der Tag, an dem die Wasserhähne trocken bleiben - eintreten, dann müssten sich die rund 4,5 Millionen Einwohner das Wasser an 200 Verteilungspunkten abholen. Und der "Tag Null" ist derzeit am 21. April 2018.
In Deutschland lag der Wasserverbrauch pro Kopf bei 121 Liter pro Tag (Daten von 2014). Das Ziel in Kapstadt sind 87 Liter. Nur dann kann die Katastrophe - der "Tag Null" - noch abgewendet werden. Die Behörden planen, das Grundwasser anzuzapfen und Meerwasser für Haushalte aufzubereiten. Zudem haben sich die Wasserpreise verdoppelt. Von vielen Seiten kommt der Vorwurf, dass die Stadtregierung zu langsam reagiert hat. Kapstadts Bürgermeisterin Patricia de Lille sagt: "Wir versuchen alles, um den "Tag Null" zu verhindern. Doch dafür müssen wir unsere Beziehung zu Wasser grundsätzlich ändern." "Die Stadt verbrauche derzeit mehr als 600 Millionen Liter pro Tag", erklärt der Leiter der städtischen Wasserversorgung, Barry Wood. Der Verbrauch müsse um mehr als 100 Millionen Liter sinken, um das Schlimmste zu verhindern.
Um die Katastrophe abzuwenden, wurde ein Katstrophenplan in Kraft gesetzt. Im Juni 2017 war man bei Stufe 4, seit September 2017 bei Level 5 und Anfang 2018 wird wohl Stufe 6 aktiv werden. Das Ziel in Level 5 war, nur noch 500 Millionen Liter pro Tag zu nutzen. Level 5 des Katastrophenplans enthält konkrete Anweisung und Aktionen. So wurden öffentliche Duschen an Stränden oder in Schwimmhallen abgebaut. Privathaushalte sollen Toiletten nur spülen, wenn es wirklich notwendig ist und dann nur mit Brauchwasser. Duschen sollte man nicht länger als 2 Minuten. Und wer einen Garten hat, darf diesen nur an zwei Tagen pro Woche vor 9:00 Uhr oder nach 18:00 Uhr für eine Stunde bewässern, aber nicht mit Trinkwasser, sondern lediglich mit gesammeltem "Greywater".
An den Universitäten, im Internet, an Schulen - überall diskutieren Experten über Alternativen wie Wasseraufbereitung, Entsalzunganlagen und über die Sanierung der Wasserinfrastruktur. Jo Barnes von der Universität Stellenbosch sagt in einem Interview: "Bis Ende 2016 hat die Bürgermeisterin geleugnet, dass es überhaupt eine Wasserkrise gibt." Somit ist wertvolle Zeit verloren gegangen, die man für die Entwicklung dieser Alternativen hätte besser nutzen können. Wie der Kampf ausgeht, kann man am Dashboard der Stadt http://coct.co/water-dashboard/ wöchentlich verfolgen.
Die Situation in Kapstadt ist ein dramatisches Beispiel dafür, wie wichtig Wasser für uns ist. Und wie selbstverständlich wir davon ausgehen, dass Wasser einfach da ist, wenn wir es benötigen. Ich habe die Situation vor Ort Anfang November selbst erlebt. Duschen in zwei Minuten kann man schaffen und ein nicht gewaschener Mietwagen ist auch kein Problem. In dem Guesthouse, in welchem ich gewohnt habe, wurde gleich bei der Anreise das Thema angesprochen und um Unterstützung gebeten, was ich auch gern getan habe. Doch es ist schwer vorstellbar wie es wäre, wenn wirklich kein Wasser mehr aus dem Wasserhahn kommt. Das bedeutet drastische Einschnitte für die Bevölkerung. Auch der Tourismus wird betroffen sein und damit stehen ganz schnell Existenzen auf dem Spiel. Wer zum Beispiel ein kleineres Hotel betreibt, muss dieses womöglich schließen oder hat nichtkalkulierbare finanzielle Einbußen. Gärtnereien, Autowaschanlagen und andere Betriebe, die Wasser benötigen, fürchten um ihre Existenz. Bleibt nur zu hoffen, dass der "Tag Null" für Kapstadt noch verhindert werden kann. Und dass diese Situation eine Warnung für uns alle sein mag, mit der Ressource Wasser verantwortungsbewusst umzugehen.
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